Inhalt anspringen

Stadt Erftstadt

Gymnich / Mellerhöfe

Gymnich wird erstmals 1121 als Gimnich erwähnt.

Gymnich wird erstmals 1121 als Gimnich erwähnt. Der Name Gymnich wird in der heimatkundlichen Forschung von Geminiacum, der Siedlung des Geminius, hergeleitet, doch ist die Ableitung nicht eindeutig.

Gymnich gehörte zum kurkölnischen Amte Lechenich. Im 14. Jahrhundert begann eine Entwicklung zu einem geteilten Dorf, dem Oberdorf, der Honschaft, und dem Niederdorf, der Herrlichkeit, in dem die Ritter von Gymnich besondere Rechte wie die Gerichtsrechte hatten und dort später ihre Burg als Schloss ausbauten.

Die Teilung des Dorfes war keine vollständige. Alle Einwohner besaßen gemeinsam das Gemeindeland (Allmende) und den Gemeindebroich und alle gehörten zu einer Pfarrgemeinde.

Die von 1759-1763 erbaute Pfarrkirche St. Kunibert mit ihrem charakteristischen barocken Zwiebelturm ist ein weithin sichtbares Zeichen des Ortes.

Gymnich war wie andere große Dörfer befestigt. Es war von einem Graben und einer Dorfhecke umgeben. An den Ausgängen des Dorfes gab es Tore, die Falder (Falltore) genannt wurden. Die Bezeichnungen „Auf dem Graben“ (heute Brüggener Straße) und „Vorpforte“ erinnern noch an die alte Dorfbefestigung.

Nicht nur durch Brandlegung (1642, 1689), auch von großen Dorfbränden wurde Gymnich nicht verschont. In 200 Jahren sind sechs große Dorfbrände überliefert. Der größte Brand war der von 1787, bei dem über 60 Familien betroffen waren. Die Strohdächer begünstigten die verheerenden Brände. Die Gymnicher erkannten dies und deckten fortan ihre Dächer mit Ziegeln. Damals wurde auch die heutige Hauptstraße, die ehemalige Hahnenstraße, verbreitert.

Neben den Herren von Gymnich, die mehrere Höfe und große Ländereien besaßen, hatte der Abt von Siegburg einen Hof im Niederdorf, genannt der Abtshof oder Propsthof. Auch weitere Klöster und Stifte hatten Ländereien, die wie der Besitz des Siegburger Abtes in der Säkularisation (Enteignung und Verkauf kirchlicher Güter unter Napoleon) verkauft wurden.

Die Gymnicher Mühle war Jahrhunderte lang im Besitz der Herren von Gymnich und ihrer Nachkommen. Die denkmalgeschützte Anlage, heute im Besitz des Mühlenverbandes Rhein-Erft-Rur, wird vom Rhein-Erft-Kreis restauriert. Sie soll zu einem Informationszentrum des Mühlenverbandes umgebaut werden.

Unter französischer Herrschaft wurden 1798 die Gerichtsrechte der ehemaligen Unterherrschaften aufgehoben. Im Jahre 1800 wurden Verwaltungsbezirke nach französischem Vorbild geschaffen. Gymnich bildete zusammen mit Dirmerzheim eine Mairie im Kanton Lechenich. Sie blieb in preußischer Zeit als Bürgermeisterei und später als Amt Gymnich auch nach der Gründung des Landes Nordrhein-Westfalen 1946 bis zur kommunalen Verwaltungsreform und der Bildung der Stadt Erftstadt 1969 weiter bestehen.

Die Landwirtschaft blieb bis ins 20. Jahrhundert bestimmend für den Lebensunterhalt der meisten Gymnicher Familien, doch fanden viele Arbeit in den nahe gelegenen Braunkohlegruben in Brüggen.
Durch die 1854 gebaute Landstraße Neuss - Derkum (- Euskirchen), die durch Gymnich führte, war der Ort besser an das überörtliche Verkehrsnetz angeschlossen. Seit 1924 fuhr der Postomnibus von Köln über Liblar - Lechenich nach Gymnich. Einen Bahnanschluss erhielt Gymnich nicht. Die nächste Bahnstation der Kleinbahn Horrem - Liblar war im zwei Kilometer entfernten Brüggen. (Die Strecke wurde 1961 stillgelegt).

1910 erfolgte der Anschluss an das elektrische Stromnetz, das die Häuser mit elektrischem Licht versorgte. Seit 1929 bezogen die Einwohner nicht mehr das Wasser aus Brunnen oder Pützen, sondern über eine Wasserleitung.

Bis Mitte des 19. Jahrhunderts hatten die Hochwässer der Erft zur Versumpfung der Wiesen mit Brutstätten für Mücken geführt. Häufig erkrankten und starben die Menschen am Sumpffieber. 1858 wurde der Erftflutkanal angelegt, der zwischen Gymnich und Brüggen beginnt und der Flussbegradigung und Entwässerung dienen und die Hochwassergefahr vermindern sollte, dennoch konnte manches Hochwasser nicht verhindert werden. Um 1860 wurden die versumpften Wege trockengelegt und die Flutgräben verfüllt. 1932 wurde die Erft unterhalb der Gymnicher Mühle durch freiwilligen Arbeitsdienst reguliert. Vor dem Zweiten Weltkrieg waren auch alle kleinen Maare (Wassertümpel) bei Gymnich trockengelegt.
Wichtig war für die Landwirtschaft die Flurumlegung im Jahre 1913, durch die das in kleine Parzellen zersplitterte Ackerland beseitigt wurde. Die größeren Parzellen und ein besseres Wegenetz ließen sich mit den damals modernen maschinellen Ackergeräten besser bearbeiten.

Jahrhunderte lang hatten in Gymnich jüdische Familien gewohnt. Seit dem 19. Jahrhundert bestand eine relativ großen jüdische Gemeinde. Sie besaß eine eigene Synagoge und den heute noch vorhandenen Friedhof. In der so genannten „Reichskristallnacht“ 1938 wurde die Synagoge in Brand gesteckt. Sie brannte aus und wurde beim Einmarsch der amerikanischen Truppen 1945 vollständig zerstört. Die Juden, denen es nach 1933 nicht gelungen war auszuwandern, wurden zusammen mit den Liblarer Juden und einigen Lechenicher jüdischen Familien in einem „Judenhaus“ am Kunibertusplatz zusammengefasst, 1942 deportiert und in den Konzentrationslagern umgebracht.

Gymnich wurde im Zweiten Weltkrieg mehrmals bei gezielten Bombenangriffen getroffen, am schlimmsten 1943, als über 100 Spreng- und Brandbomben mehr als 20 Wohnhäuser, Scheunen, Feldscheunen zerstörten und 19 Tote zu beklagen waren.

Im Jahre 1801 war Gymnich mit ungefähr 1.160 Einwohnern der größte Ort unter den Orten der heutigen Stadt Erftstadt. Einen großen Wachstumsschub erhielt Gymnich nach dem Zweiten Weltkrieg durch Heimatvertriebene, denen Bauland zur Verfügung gestellt wurde. Bis zum Jahre 1968 war die Bevölkerung auf etwa 3.200 Einwohner angewachsen. Weitere Neubauten entstanden nach 1970. Seit der kommunalen Verwaltungsreform 1969 ist Gymnich um weitere 1.500 Einwohner auf etwa 4.800 (Stand 2018) gewachsen.

Durch den Zuwachs hat sich die Bevölkerungsstruktur und die konfessionelle Zugehörigkeit geändert. Für die evangelische Christen wurde eine Kirche mit Gemeinderäumen gebaut. Auch die Erwerbstätigkeit hat sich geändert. Die Einwohner arbeiten überwiegend in Köln oder in der Umgebung Kölns.

Die Gymnicher Grundschule, deren Gebäude zwischen 1953 und 1963 errichtet worden sind, wird von Kindern aus Gymnich, Dirmerzheim und Mellerhöfe besucht.

Bedingt durch die Größe des Ortes gibt es in Gymnich alle Einrichtungen für den täglichen Bedarf. Durch Busse ist Gymnich in den überörtlichen Verkehr eingebunden.

Zahlreiche Aussiedlerhöfe haben das Bild der Landschaft um Gymnich stark verändert. Die Landwirte sind fast alle spezialisiert auf Landwirtschaft ohne Viehhaltung. Hauptsächlich werden Getreide, Zuckerrüben und seit einigen Jahren in größerem Umfang Kartoffeln angebaut. Der Gemüseanbau hat sich ähnlich wie die Viehzucht für die meisten Landwirte als nicht lohnend erwiesen.

Am Ortsrand nach Dirmerzheim ist ein Gewerbegebiet entstanden.
Seit 2006 besteht eine Fotovoltaikanlage (Strom aus Sonne) im Siedlerweg. Der erzeugte Strom wird ins Netz eingespeist.

Unter den Vereinen spielen die  St. Sebastianus-Bruderschaft (Öffnet in einem neuen Tab) und die 1848 im Revolutionsjahr entstandene  St. Kunibertus-Schützengesellschaft (Öffnet in einem neuen Tab) und ihre Veranstaltungen in Gymnich eine große Rolle, doch auch die Veranstaltungen der übrigen Vereine sind aus dem Dorfleben nicht wegzudenken.

Bekannt ist Gymnich durch den  Gymnicher RittPDF-Datei17,01 kB, der seit dem Ende des 19. Jahrhunderts ein Anziehungspunkt für Besucher von Nah und Fern ist. Jährlich am Christi Himmelfahrtstag nehmen zahlreiche Fußpilger und Reiter an der Gebetsprozession teil, die in etwa an den früheren Gymnicher Gemarkungsgrenzen entlang führt.

Als berühmter Sohn von Gymnich ist Pater Josef Kentenich (1885-1968) zu nennen. 1885 wurde der Gründer des internationalen Schönstatt-Werkes in Gymnich geboren. Pater Kentenich gründete die  Schönstattbewegung (Öffnet in einem neuen Tab) durch das so genannte „Liebesbündnis mit Maria“ am Ort Schönstatt in Vallendar am Rhein bei Koblenz. Kentenich wurde vom Nationalsozialismus verfolgt und im Konzentrationslager Dachau inhaftiert. 14 Jahre verbrachte er zudem im kirchlichen Exil in den USA, ehe er 1965 vom Zweiten Vatikanischen Konzil rehabilitiert wurde. Derzeit läuft ein Seligsprechungsverfahren. In dem Gymnicher Geburtshaus verbrachte Kentenich seine Kindheit und während Seminaraufenthalten die Ferien. 1910 verkaufte die Familie das Haus. Um das Geburtshaus zu erhalten und zu einem religiösen Treffpunkt zu machen, wurde ein Förderverein (2005) gegründet.

(Gekürzte Fassung der Ortsgeschichte „Gymnich“ von Hanna Stommel in: „Denkmäler in Erftstadt“ von Frank Bartsch, Dieter Hoffsümmer, Hanna Stommel. Aktualisiert 2007)

Mellerhöfe

Das Dorf Meller, 1155 in einer Handschrift des Benediktinerklosters Deutz als „Milre“ genannt, hat nicht die Entwicklung anderer Orte genommen. Wie der im 19. Jahrhundert entstandene Name Mellerhöfe sagt, besteht es aus wenigen Einzelhöfen und Häusern. Die Herkunft des Namens ist nicht geklärt. Es ist möglich, dass die fränkische Siedlung bei einem römischen Meilenstein entstand und der Name vom römischen „miliarium“ (Meilenstein) abzuleiten ist.

Im Mittelalter war Meller ein kleines Dorf mit mehreren Höfen im Besitz von Adeligen und einiger Bauern. Meller gehörte wie Herrig zu den Burgbanndörfern Lechenichs und seine Einwohner zur Lechenicher Bürgerschaft, die außerhalb der Stadtmauern wohnten.

Die Stagnation, ja sogar ein Rückschritt der Entwicklung, hat wahrscheinlich ihre Ursache in der Lage Mellers, entfernt von den anderen Dörfern und ungeschützt. Bei der Belagerung Lechenichs 1642 wurden die Häuser und Hofstätten abgebrannt und teilweise nicht wieder aufgebaut .

Im Jahre 1801 bestand Meller aus zwei Höfen, dem Metternicher Hof oder Ottershof, und dem Hof der Familie Kalscheuer. Haus und Hofgebäude des Wolff Metterernicher Hofes hatten zwischenzeitlich wechelnde Besitzer. Sie wurden 1998 aufwendig restauriert.

In Mellerhöfe sind mehrere neue Höfe erbaut worden, auch einige Wohnhäuser wurden dort errichtet, doch hat sich kein geschlossener Ort entwickelt, so dass der Name Mellerhöfe seine Berechtigung behalten hat.

Zwischen Mellerhöfe und Dirmerzheim sind 2006 sechs Windkraftanlagen fertig gestellt worden.

Nach der kommunalen Gebietsreform 1969 ist Mellerhöfe von der Stadt Erftstadt beim Neuzuschnitt der Wahlbezirke und der Schulbezirke Gymnich zugeordnet worden und dadurch heute stärker nach Gymnich als nach Herrig ausgerichtet.

(Gekürzte Fassung der Ortsgeschichte „Mellerhöfe“ von Hanna Stommel in: „Denkmäler in Erftstadt“ von Frank Bartsch, Dieter Hoffsümmer, Hanna Stommel. Aktualisiert 2007)

Erläuterungen und Hinweise

Bildnachweise

  • Stadt Erftstadt
  • Stadt Erftstadt
  • Stadt Erftstadt
  • Stadt Erftstadt
  • Stadt Erftstadt
  • Stadt Erftstadt
  • Stadt Erftstadt
Diese Seite teilen: